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Lösung der Wellengleichung (nach d'Alembert)

Superpositionsprinzip:
Falls $ u_1(x,t)$ und $ u_2(x,t)$ Lösungen der Wellengleichung sind, dann ist auch $ u(x,t)=u_1(x,t)+u_2(x,t)$ eine Lösung. (Beweis durch einsetzen von $ u$ in ([*]))

Betrachte $ x \in \mathbb{R}$ d.h. die ganze reelle Achse. Zunächst berechnen wir aus $ \frac{1}{c^2} \frac{\partial^2 u}{\partial t^2}= \frac{\partial^2 u}{\partial x^2}$, dass die Gleichung $ x^2 = c^2t^2$ eine wichtige Rolle spielt. Wir verwenden wegen $ x^2-c^2t^2=(x-ct)(x+ct)=0$ die Substitution:

\begin{eqnarray}\xi =x-ct \\
\eta =x+ct
\end{eqnarray}


Dann wird aus ([*]) mit $ x=\frac{1}{2}(\xi + \eta)$ und $ t=\frac{1}{2c}$

\begin{eqnarray}(\eta - \xi)
\frac{\partial}{\partial u}u(\frac{1}{2}(\xi +\eta...
...partial x^2 }-\frac{1}{c^2}
\frac{\partial^2 u}{\partial t^2 } )
\end{eqnarray}


Also folgt aus ([*]) :

$\displaystyle \frac{\partial^2 u(\xi , \eta)}{\partial \xi  \partial \eta} = 0$ (3.15)

Offenbar ist $ \frac{\partial u }{\partial \eta }$ unabhängig von $ \xi$. Also gilt

$\displaystyle \frac{\partial u(\xi , \eta ) }{\partial \eta } = h_2'(\eta)$ (3.16)

mit einer beliebigen Funktion $ h_2'(\eta )$. Durch Integration ( $ h_2(\eta )$ist Stammfunktion von $ h_2'(\eta )$) folgt

$\displaystyle u(\xi, \eta) = h_2(\eta )+h_1(\xi ).$ (3.17)

Wiedereinsetzen von $ x$ und $ t$ gibt also

$\displaystyle u(x,t) = h_1(x- ct) + h_2(x+ct)$ (3.18)

Um die Anfangsbedingungen zu erfüllen, setzen wir ([*]) in ([*]), ([*]) ein und bekommen
\begin{subequations}
\begin{eqnarray}h_1(x)+h_2(x)=f(x)\\
-c h_1'(x)+c h_2'(x...
...h_1(x)+c h_2(x)=\frac{1}{c}\int_0^x g(y) dy +C
\end{equation}\end{subequations}

mit einer Konstanten $ C$. Aus Addition und Subtraktion von ([*]) und ([*]) gilt

\begin{subequations}
\begin{eqnarray}h_2(x)= \frac{1}{2}(f(x)+\frac{1}{c}\int_0^...
...frac{1}{2}(f(x)-\frac{1}{c}\int_0^x g(y) dy -C)
\end{eqnarray}\end{subequations}

Also folgt

\begin{eqnarray}u(x,t)=h_1(x-ct)+h_1(x-ct)+h_2(x+ct)\nonumber\\
=\frac{1}{2}(f(...
... -C \nonumber\\
+f(x+ct) + \frac{1}{c}\int_0^{x-ct} g(y) dy +C
\end{eqnarray}


und schließlich

$\displaystyle u(x,t)=\frac{1}{2}(f(x-ct)+f(x+ct)+\frac{1}{c}\int_{x-ct}^{x+ct}g(y)dy)$ (3.21)

die d'Alembertsche Formel.

Im Spezialfall $ g(x)=0$ folgt dann

$\displaystyle u(x,t)=\frac{1}{2}(f(x-ct)+f(x+ct))$ (3.22)

Abbildung: Impulsfortpflanzung entlang einer Saite
\begin{figure}\begin{center}
\hspace{2.6cm}\epsfig{file=FIGS/bewegtesaite.eps,width=9.4cm}\end{center}\end{figure}

d.h die Auslenkung zerfällt in zwei identische Pulse, die sich in entgegengesetzte Richtung ausbreiten.

Wir betrachten nun den Einfluß der Randbedingungen, d.h. \begin{eqnarray*}u(0,t)=0\\
u(L,t)=0
\end{eqnarray*} Natürlich sind dann die Anfangsbedingungen auch nur für $ 0\leq x \leq L$ von Interesse. Gleichung ([*]) zeigt, dass dann $ h_1(x)$ für $ - \infty < x \leq L$ definiert sein muss und $ h_c(x)$ für $ 0 \leq x \leq \infty$. Man erhält dann

\begin{subequations}
\begin{eqnarray}h_1(-ct)+h_2(ct)=0\\
h_1(L-ct)+h_2(L+ct)=0
\end{eqnarray}\end{subequations}

oder mit $ x=ct$ bzw.

\begin{subequations}
\begin{eqnarray}&h_1(-x)+h_2(x)=0 &{\rm f\ddot{u}r} 0 \leq ...
...2L)=0 &{\rm f\ddot{u}r} -L \leq x \leq \infty
\end{eqnarray}
\end{subequations}

Setzt man $ h_2(x)$ aus der ersten Gleichung in die zweite ein so folgt

$\displaystyle h_1(-x)-h_1(-x-2L)=0$ (3.25)

Also muss $ h_1(x)$ periodisch sein mit Periode 2 L! Also folgt, dass sich jede Lösung des Randwertproblems durch eine beliebige periodische Funktion $ h_1(x)$ auf dem Intervall $ - \infty < x \leq L$ schreiben läßt als:

$\displaystyle u(x,t)=h_1(x-ct)-h_1(-x-ct)$ (3.26)

setzt man $ t=0$ so folgt

\begin{eqnarray}u(x,0)= h_1(x)-h_1(-x)=f(x)\\
\frac{\partial u}{\partial t}_{t=0} = -c(h_1'(x)-h_1'(-x))
\end{eqnarray}


Nun ist $ h_1(x)-h_1(-x)$ eine ungerade Funktion ( $ h_1(x)-h_1(-x)=-[h_1(-x)-h_1(x)]$), d.h wenn man $ f(x)=u(x,0)$ außerhalb des Intervalls $ [0,L]$auf die ganze reelle Achse als ungerade, periodische Funktion fortsetzt, dann läßt sich die d'Alembertische Formel ([*]) (die für ganz $ \mathbb{R}$ galt) auch hier anwenden. Das gleiche gilt für $ g(x)= \left.\frac{\partial u}{\partial t}\right\vert _{t=0} $.

Die allgemeine Lösung des Rand- und Anfangswertproblems ist also gegeben durch ([*]) wenn man die Anfangsbedingungen $ f(x)$ und $ g(x)$ als ungerade Funktionen periodisch auf ganz $ \mathbb{R}$ fortsetzt. Eine ungerade periodische Funktion mit Periode 2 L ist auch ungerade bezüglich der Punkte $ x=kl,  k=0,\pm 1,\pm 2 \dots $

Das bedeutet z.B. für die gezupfte Saite eine Situation wie sie in Abbildung [*] dargestellt ist.

Abbildung:
\begin{figure}\begin{center}
\hspace{2.6cm}\epsfig{file=FIGS/bewegtewelle.eps,width=9.4cm}\end{center}\end{figure}

Hier können Sie mit der Überlagerung selbst gezeichneter Wellenzüge experimentieren.

Diese Situation legt eine direkte Modellierung der schwingenden Saite durch sich überlagernde Wellenzuüge nahe.


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© R.Hilfer et al., ICA-1, Univ. Stuttgart
28.6.2002